Energiesparverordnung aus polizeilicher Sicht
DPolG fordert Anpassung an Lebensrealität
Mit dem heutigen Tag tritt die EnSikuV oder auch „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen“ der Bundesregierung in Kraft. Hiermit sollen Maßnahmen den Bürgerinnen und Bürgern, dem Öffentlichen Dienst und auch den Unternehmen zum Energiesparen auferlegt werden, um eine Energieknappheit im kommenden Winter abzumildern. Nicht unumstritten sind der Nutzen der Maßnahmen und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft, die Wirtschaft und auf die öffentliche Sicherheit.
Hierzu erklärt der DPolG Landesvorsitzende, Jürgen Hoffmann: „Das Energie eingespart werden muss, damit es zu keinen Ausfällen in der Energieversorgung im Winter kommt, steht zweifelsfrei fest und lässt sich auch nicht wegdiskutieren. Jedoch sollte kritisch hinterfragt werden, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht eher andere Probleme aufwerfen, die gravierender sein könnten.“
Zunächst sieht die Verordnung in § 5 vor, dass Gemeinschaftsflächen, die nicht dem dauerhaften Aufenthalt von Personen dienen, nicht beheizt werden dürfen. Aus polizeilicher Sicht stellt sich da sofort die Frage, ob Gewahrsamszellen, die ja nur sehr temporär und zudem kurzfristig belegt sind, zu diesen Gemeinschaftsflächen zählen. Dass diese nicht erst hochgeheizt werden können, wenn eine Person in Gewahrsam genommen werden musste, dürfte selbstverständlich sein. Doch solche Räume sind in den Ausnahmen des Absatzes 2 nicht aufgeführt.
Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen dürfen nicht aufs Spiel gesetzt werden
Weiterhin dürfen nach § 6 der Verordnung Arbeitsräume in öffentlichen Gebäuden nur bis maximal 19° C beheizt werden.
„Für Kolleginnen und Kollegen des Einsatz- und Streifendienstes schlägt man damit zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie werden schnell in den warmen Streifenwagen „flüchten“ und somit hat man gleich mehr Präsenz im Einsatzraum.
Doch nach Einsätzen, die auch oftmals sehr schweißtreibend sein können, bedarf es der Schreibarbeit und diese muss dann in kühlen Räumen stattfinden. Und für die Kolleginnen des Tagesdienstes? Wenn man sich die Altersstruktur der Mitarbeitenden des Tagesdienstes anschaut, so kann man feststellen, dass das Durchschnittsalter deutlich höher ist als im Einsatz- und Streifendienst oder bei den Kräften der Bereitschaftspolizei.
Und mit zunehmendem Alter nehmen gesundheitliche Einschränkungen deutlich zu. Eine Absenkung der Raumtemperatur ist diesen Einschränkungen sicher nicht dienlich“, erklärt der DPolG Landesvorsitzende.
„Aber wenigstens gibt es auch kein warmes Wasser, da dieses nach § 7 der Verordnung ebenfalls abzustellen ist. Damit ist auch das Duschen nach Einsätzen, Fortbildungen oder auch dem Dienstsport auf den Dienststellen nicht mehr möglich“, fügt Hoffmann ergänzend hinzu.
Gefahr der Zunahme von Vandalismus und Einbrüchen
Doch kommen wir von den „internen“ Einschränkungen auf diese, die nach außen hin sichtbar sind und sich auswirken könnten. Öffentliche Gebäude und Denkmäler sollen und dürfen nicht mehr von außen beleuchtet werden (§ 8 EnSikuV). Natürlich ist die Frage berechtigt, warum solche Gebäude nachts beleuchtet werden müssen, wo ohnehin alle schlafen. Doch schlafen eben nicht alle und der eine oder andere mit jugendlichem Übermut wird sich an einem denkmalgeschützten oder auch dem möglicherweise verhassten Behördengebäude erst recht austoben, wenn er dies im Schutze der Dunkelheit machen kann. Abgesehen davon dienen Beleuchtungen auch der Orientierung von Menschen und nicht zuletzt dem Rettungshubschrauber. Und an einem leuchtenden Polizeischild am Eingang des Dienstgebäudes kann auch der sprachunkundige Tourist erkennen, dass die Polizei jederzeit Anlaufstelle ist.
Licht ist Leben
Dass Werbeanlagen zur Nacht abgeschaltet werden sollen, dürfte neben der potenziellen Gefahr vor Sachbeschädigungen auch die Gefahr von Einbrüchen erhöhen. Dies hat auch der Gesetzgeber erkannt und hier die Ausnahme erlaubt, dass Gründe öffentlicher Sicherheit dieses Verbot außer Kraft setzen können. Es dürfte jedoch interessant werden, wie der Streit zwischen den einzelnen Unternehmen bzw. den Behörden geführt wird und ausgeht, welche Gründe der öffentlichen Sicherheit anerkannt werden und welche nicht. Polizeilich sind beleuchtete Ortschaften als deutlich sicherer zu bewerten als unbeleuchtete, denn ein Grundsatz wird bereits im Studium vermittelt: „Licht ist Leben!“
Kontrollen der Maßnahmen dürfen nicht auf die Polizei abgewälzt werden
Neben den einzelnen Maßnahmen darf man sich auch die Frage stellen, wer die Umsetzung der Maßnahmen kontrolliert und was passiert, wenn diese Maßnahmen nicht angewandt werden. Wird dies wieder ein weiteres Päckchen auf dem Rücken der Polizei? Einen Straf- oder Bußgeldparagrafen sieht die Verordnung aktuell nicht vor. „Es kann und darf nicht sein, dass die Kontrollen zu einer polizeilichen Aufgabe werden! Diese arbeitet bereits jetzt an der Belastungsgrenze aufgrund der diversen sachfremden Aufgaben.“ meint Jürgen Hoffmann, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft Thüringen.
Abschließend erklärt Jürgen Hoffmann:
„Nur kritisieren ist einfach, doch es bringt uns nicht weiter ans Ziel. Aus Sicht der DPolG Thüringen gibt es andere Ansatzpunkte zum Energiesparen als bei der Beleuchtung oder der Heizung. Man bedenke, wieviel Energie durch die Papierakten und Ausdrucke von Formularen verschwendet wird im digitalen Zeitalter. Oder wie viele Lampen noch mit Leuchtstoffröhren anstatt LEDs in den Dienstgebäuden betrieben werden. Es wäre begrüßenswert, wenn die Energiesparapelle diesmal nicht zu Lasten der Polizei gehen würden.“